Jan Fleischhauer klagt: Meinungsfreiheit sei nicht jedermanns Sache. Er bekomme das zu spüren als Autor der Kolumne „Der Schwarze Kanal“ bei Spiegel Online (S.P.O.N . – Die Kolumnisten). Die Krönung der Polemiken, vielleicht des unangebrachten Spotts, des Gebrülls gegen einen ach so noblen Feuilletonisten wie ihn sei dieses: „Diesem Mann müsste man das Schreiben verbieten. Aber wir haben ja Meinungsfreiheit.“ – Er summiert mit ganzer Eitelkeit die Forenbeiträge als eine Reihe an Zitaten in seinem neuesten Beitrag bei Spiegel Online „Fleischhauer abschalten, jetzt!„. Er kommentiert sie nicht einmal, sondern nimmt an, wir alle wüssten ja schon, da wir ohnehin seiner Meinung seien, worum es da ginge.
Fleischhauer führt das Verhalten seiner Kritiker zurück auf eine Form der Intoleranz, die Meinungsfreiheit nicht gern habe, wenn nicht die jeweils eigene Meinung vorgetragen werde. Diese Freiheit, so Fleischhauer, sei nicht „jedermanns Sache“. Das bekomme „der Autor der Kolumne regelmäßig zu spüren“, wenn er von Lesern für Beiträge „massiv im Forum angegriffen“ werde.
Was nun so ein Autor der intendiert originellen Prosa für Studienabbrecher gerne seinerseits übersieht oder vielmehr gar nicht hat, das ist die Erkenntnis, dass Wahrheit, die ja zumindest ein Teil des Fundaments einer Meinung sein sollte, niemals auf Tatsächlichem oder Faktischen beruht, sondern immer eine Sache des Geschmacks ist. Man darf also meinen, Fleischhauer sei abzuschalten. Er selbst darf ebenso vertreten, dass die gesamte deutsche Linke ein Sauhaufen sei. Darf er. In seinem Fall muss der Liberalismus nicht so weit gehen, alles, aber auch wirklich noch den übelsten rechten Unsinn zu tolerieren. Lassen wir ihn also schwadronieren. Natürlich hat er seinerseits einen schlechten Geschmack, wenn es um die Interpretation von Wirklichkeit geht. Und das hat persönliche Gründe.
Fleischhauer selbst hat sich nämlich neben seinen persönlichen Wahrheiten eine sehr seltsame Rolle ausgesucht, in der er alles das, was einmal die intellektuellen und sozialen Eigenschaften der deutschen Linken ausmachte, als eine ausgemachte Hirnverbranntheit deklariert und beklagt.
Nun, er brauchte als ein weniger talentierter Autor mit dem starken Hang zur Publikation seinerselbst ein Thema. Die Polemik gegen die Linke und alles, was deren Milieu in den Siebzigern und Achtzigern einmal ausmachte, greift aber immer zu kurz. Da war ein solcher Schwurbel wie „Generation Golf“ schon bedeutend wirksamer, erfolgreicher, es traf den Geschmack Vieler. Es geht Fleischhauer eben lediglich um Geld, um Publizismus als Warenhandel. Daher wählte er sich ein Thema, von dem er dachte, damit könne einer Furore machen. Aber die deutschen Linken waren nicht nur Waldörfler und Spießer.
Und genau diese schlechte Wahl, dieses fehlende Händchen für das Angebrachte und vor allem den Geschmack und manchmal auch den Intellekt Überzeugende, dieses Angebot eines Kleinkrämers wird von seinen Kritikern einfach nicht gemocht – es schmeckt ihnen und den Meisten einfach nicht, es ist einfach nur geschmacklos.
Daneben hinkt der gesamte Beitrag Fleischhauers schon deshalb, weil doch das Niveau der Forenbeiträge bei Spiegel Online ohnehin unter aller Kanone ist. Kommentare zu sammeln als ein eventuell ernst zu nehmendes Ensemble an Argumenten – das entbehrt dort jeder Plausibilität.
Unsäglich ist es übrigens, dass jeder, der eine Haupt- und Nebensatzkonstruktion bereits nur halbwegs passabel formulieren kann, heute, sofern er denn auch noch eine Tastatur und einen Zugang zum Internet hat, irgendwo etwas publizieren darf. So viel zu einem anderen Geschmack.